Erfahrungen beim Singen mit geflohenen Menschen
Am 25.01.2016 trafen sich einige Musiker/innen und Sänger/innen aus dem Canto Kontext in Dortmund an der Flüchtlingsunterkunft in der Mergelteichstraße, Nähe Tierpark.
Die Koordinatorin des Treffens war leider kurzfristig wegen Krankheit ausgefallen, aber wir waren trotzdem zehn Menschen, jeweils fünf Männer und Frauen, von denen einige bereits Erfahrung in der Kontaktaufnahme mit Flüchtlingen hatten. Zu Letzteren gehörte ich nicht – daher kann ich hier einen authentischen Bericht über eine erste Erfahrung auf diesem Gebiet schreiben.
Zuerst mussten wir durch ein bewachtes doppeltes Tor. Nach der Gesichtskontrolle und der Frage nach unserem Anliegen wurden wir eingelassen – das erinnerte mich an meine Zeit bei der Bundeswehr. In der Gruppe war das kein Problem, alleine hätte ich mich schon etwas komisch gefühlt.
Wir wurden herzlich von einem Sozialarbeiter und einigen geflohenen Erwachsenen und Kindern empfangen und zu einem für das Treffen geeigneten Raum geführt. Beim Auspacken der Instrumente gerieten Rasseln und Trommeln in die Hände einiger Kinder. Das war anfangs schön, weil es den spontanen Kontakt erleichterte, später allerdings geriet der Anfang des Musizierens zu einem anstrengenden Durcheinander.
Hier würde ich empfehlen, entweder neben jedes Kind einen lenkenden Erwachsenen zu setzen oder die Instrumente nur gezielt an Einzelne zu verteilen.
Texte singen ist schwierig
Von den Menschen, die wir getroffen haben – es waren ca. 50 Personen dabei, von denen sich viele erst nach unserem musikalischen Umzug durch die Containersiedlung zum Mitmachen entschieden hatten (empfehlenswert!) – konnten nur wenige Deutsch oder Englisch und wenn, dann nur in Ansätzen. Zum Glück konnte eine junge Frau einige Texte direkt auf Arabisch übersetzen. Insbesondere der Text „viele kleine Leute“ erhielt dabei viel Beifall.
Bei den meisten Liedern gingen wir entweder direkt oder nach einigen Wiederholungen der Strophen in „la-la-la“ oder „lei-lei-lei“ über, da wurde dann auch kräftig mitgesungen. Wir haben einzelne Melodien und Lieder auch mal zehn Minuten am Stück gesungen, wenn die Stimmung passte. Ich empfand die Menschen als herzlich, wobei einige junge Männer zunächst ein ziemlich cool-grimmiges Gesicht machten, dann aber auch mit musizierten, als sie merkten, dass es nicht um Perfektion sondern um Freude ging.
Wir haben ca. 90 Minuten lang gemeinsam gesungen. Das Klatschen zwischendurch und am Ende zeigte uns ebenso wie der Blick in die Gesichter der Menschen, dass das ein guter Anfang war. Es lief einiges nicht so wie geplant – und daraus lernen wir für die Zukunft. Ich persönlich bin sehr froh, dabei zu sein. Das Foto rechts ist übrigens auch in der Flüchtlingsunterkunft entstanden.
Unsere Lieder beim ersten Treffen:
– Viele kleine Leute (von Karl Adamek)
– Was wollen wir trinken (danke an den Flötisten 🙂 )
– Friedenslied aus Aserbaidschan (dt. Text von Karl Adamek)
– Yemaja
– freies Trommeln, Klatschen und archaisches Singen (sehr energetisch und befreiend – wie man im Video hören kann!)
– und einige schöne kleine Melodien
Einer der Gründe, warum wir mit Flüchtlingen singen